Bußgeldbescheid erhalten

Bußgeldbescheid erhalten – was tun? Rechte, Fristen und Vorgehensweise im Überblick

Ein Bußgeldbescheid im Briefkasten sorgt bei vielen Autofahrerinnen und Autofahrern zunächst für Unruhe. Ob wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung, eines Rotlichtverstoßes oder eines Parkvergehens – der gelbe Umschlag mit dem amtlichen Schreiben wirft viele Fragen auf: Ist der Bescheid rechtmäßig? Welche Fristen muss man beachten? Lohnt sich ein Einspruch? Und was passiert, wenn man nichts unternimmt?

In diesem Artikel erfährst du alles Wichtige rund um den Bußgeldbescheid – von der Zustellung bis zu möglichen Rechtsmitteln.


1. Was ist ein Bußgeldbescheid?

Ein Bußgeldbescheid ist ein offizielles Schreiben der Verwaltungsbehörde, in dem eine Ordnungswidrigkeit festgestellt und eine Geldbuße verhängt wird. Er dient dazu, Verkehrsverstöße oder andere Ordnungswidrigkeiten zu ahnden, die nicht schwer genug sind, um strafrechtlich verfolgt zu werden.

Inhalte eines Bußgeldbescheids

Gemäß § 66 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) muss ein Bußgeldbescheid bestimmte Pflichtangaben enthalten, damit er wirksam ist:

  • Name, Anschrift und Geburtsdatum der betroffenen Person
  • Genaue Bezeichnung der Tat (Ort, Zeit, Art des Verstoßes)
  • Beweismittel (z. B. Blitzerfoto, Zeugenaussagen)
  • Rechtsgrundlage der Ahndung
  • Höhe der Geldbuße, ggf. Punkte in Flensburg und Fahrverbot
  • Rechtsbehelfsbelehrung (Hinweis auf Einspruchsrecht und Frist)

Fehlen diese Angaben, kann der Bußgeldbescheid formell fehlerhaft und damit angreifbar sein.


2. Unterschied zwischen Verwarnung, Anhörungsbogen und Bußgeldbescheid

Viele verwechseln den Bußgeldbescheid mit anderen Schreiben der Bußgeldstelle. Hier die wichtigsten Unterschiede:

  • Verwarnung: Wird bei leichten Ordnungswidrigkeiten ausgesprochen (z. B. Parken ohne Ticket). Man kann sie akzeptieren und das Verwarnungsgeld bezahlen – damit ist die Sache erledigt.
  • Anhörungsbogen: Dient der Sachverhaltsaufklärung. Bevor ein Bußgeldbescheid ergeht, hat der Betroffene das Recht, sich zu äußern.
  • Bußgeldbescheid: Wird erlassen, wenn die Behörde überzeugt ist, dass der Verstoß vorliegt. Er hat rechtsverbindlichen Charakter und kann nur durch Einspruch angefochten werden.

3. Zustellung des Bußgeldbescheids

Ein Bußgeldbescheid wird in der Regel per gelbem Brief (förmliche Zustellung) übermittelt. Entscheidend ist das Datum, an dem der Brief tatsächlich in den Machtbereich des Empfängers gelangt – also in den Briefkasten eingelegt wird.

Wichtige Frist:

Ab diesem Zustellungsdatum beginnt die 14-tägige Einspruchsfrist zu laufen (§ 67 OWiG). Wird der Einspruch nicht rechtzeitig eingelegt, wird der Bußgeldbescheid rechtskräftig und kann nicht mehr angefochten werden.


4. Verjährung eines Bußgeldbescheids

Ein häufiges Missverständnis betrifft die Verjährung. Nicht jeder verspätete Bescheid ist automatisch verjährt.

Verjährungsfristen:

  • Drei Monate: Wenn noch kein Bußgeldbescheid ergangen ist (ab Tatzeitpunkt)
  • Sechs Monate: Nach Erlass des Bußgeldbescheids

Jede Verfahrenshandlung – wie das Versenden eines Anhörungsbogens – unterbricht die Verjährung und lässt sie neu beginnen.

Beispiel:
Tat am 1. April → Anhörungsbogen am 20. Mai → neue Verjährungsfrist läuft ab 20. Mai.


5. Gründe für einen Bußgeldbescheid

Die häufigsten Ursachen sind:

  • Geschwindigkeitsüberschreitung
  • Rotlichtverstoß
  • Abstandsverstoß
  • Handy am Steuer
  • Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss
  • Fehler beim Überholen oder Wenden
  • Nichtbeachtung der Vorfahrt
  • Park- oder Halteverstöße (bei höherem Bußgeld)

Je nach Schwere des Verstoßes können neben der Geldbuße auch Punkte in Flensburg oder ein Fahrverbot drohen.


6. Höhe des Bußgelds – der Bußgeldkatalog

Die Höhe der Geldbuße richtet sich nach dem Bußgeldkatalog, der bundesweit einheitlich ist. Er berücksichtigt:

  • Art des Verstoßes
  • Schwere des Verschuldens
  • Wiederholungstäterschaft
  • Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer

Beispielhafte Werte (Stand 2025):

VerstoßBußgeldPunkteFahrverbot
21–25 km/h zu schnell innerorts115 €1
31–40 km/h zu schnell außerorts200 €11 Monat
Rotlichtverstoß über 1 Sekunde200 €21 Monat
Handy am Steuer100 €1
Alkohol am Steuer (0,5 Promille)500 €21 Monat

7. Einspruch gegen den Bußgeldbescheid

Wer mit dem Bußgeldbescheid nicht einverstanden ist, kann Einspruch einlegen. Dies ist der einzige Weg, den Bescheid rechtlich zu überprüfen.

Frist:

  • Innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung (§ 67 OWiG)

Form:

  • Schriftlich oder zur Niederschrift bei der zuständigen Behörde
  • Eine Begründung ist zunächst nicht zwingend erforderlich, aber sinnvoll

Beispieltext für den Einspruch:

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit lege ich Einspruch gegen den Bußgeldbescheid vom [Datum] mit dem Aktenzeichen [Nummer] ein.

Mit freundlichen Grüßen
[Name, Anschrift, Unterschrift]

Was passiert nach dem Einspruch?

Die Bußgeldstelle prüft den Fall erneut. Bleibt sie bei ihrer Entscheidung, leitet sie die Akte an die Staatsanwaltschaft und anschließend ans Amtsgericht weiter. Dort entscheidet ein Richter über den Fall.


8. Wann lohnt sich ein Einspruch?

Ein Einspruch kann sich insbesondere in folgenden Fällen lohnen:

  • Formfehler im Bescheid (z. B. falsche Personalien, fehlende Rechtsgrundlage)
  • Messfehler beim Blitzen oder Abstandsmessen
  • Fahrzeug wurde verliehen, man war nicht selbst Fahrer
  • Unklare Beweisfotos
  • Unverhältnismäßige Sanktion

Hier kann es sinnvoll sein, einen Anwalt für Verkehrsrecht einzuschalten. Er prüft die Messdaten, fordert die Ermittlungsakte an und kann mögliche Fehler aufdecken.


9. Kosten eines Einspruchs

Viele zögern, weil sie mögliche Kosten scheuen. Wichtig: Wenn der Einspruch erfolgreich ist, trägt die Behörde die Kosten des Verfahrens.

Wenn der Einspruch scheitert, können folgende Kosten entstehen:

  • Gerichtskosten
  • Anwaltskosten
  • ggf. zusätzliche Gebühren

Trotzdem kann sich der Einspruch lohnen, etwa wenn ein Fahrverbot oder Punkte drohen.


10. Was passiert, wenn man den Bußgeldbescheid ignoriert?

Wer gar nicht reagiert, riskiert unangenehme Folgen. Wird kein Einspruch eingelegt und auch nicht gezahlt, wird der Bescheid rechtskräftig und anschließend zwangsweise vollstreckt.

Mögliche Folgen:

  • Zwangsvollstreckung durch das Hauptzollamt
  • Mahngebühren und Säumniszuschläge
  • Kontopfändung oder Lohnpfändung

Deshalb: Den Bußgeldbescheid niemals einfach liegen lassen!


11. Fahrverbot und Punkte in Flensburg

Viele Bußgeldbescheide enthalten neben der Geldstrafe auch Nebenfolgen.

Punkte in Flensburg

Das Fahreignungsregister (FAER) beim Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg sammelt Punkte für Verkehrsverstöße.

  • 1 Punkt: weniger schwere Verstöße
  • 2 Punkte: grobe oder besonders gefährliche Verstöße

Bei 8 Punkten wird die Fahrerlaubnis entzogen.

Fahrverbot

Ein Fahrverbot dauert in der Regel ein bis drei Monate. Es gilt für alle Fahrzeuge mit Fahrerlaubnispflicht.
In Ausnahmefällen kann ein Anwalt beantragen, das Fahrverbot gegen eine erhöhte Geldbuße zu ersetzen („Absehen vom Fahrverbot“).


12. Besonderheiten für Berufskraftfahrer

Für Berufskraftfahrer kann ein Fahrverbot existenzbedrohend sein. Hier gelten strengere Maßstäbe, da häufig ein sogenannter Härtefall vorliegt.

Gerichte können unter Umständen auf ein Fahrverbot verzichten, wenn:

  • der Arbeitsplatz sonst verloren geht
  • keine Vorbelastungen bestehen
  • eine überdurchschnittliche Sorgfaltspflicht besteht

In solchen Fällen ist anwaltliche Unterstützung dringend zu empfehlen.


13. Ausländische Bußgeldbescheide

Auch im Ausland begangene Verstöße können Folgen in Deutschland haben.
Seit 2010 gilt in der EU die Vollstreckungsrichtlinie, wonach Bußgelder über 70 € (inkl. Gebühren) in Deutschland vollstreckt werden dürfen.

  • Italien, Frankreich, Österreich, Niederlande: enge Zusammenarbeit mit deutschen Behörden
  • Schweiz oder Norwegen: keine automatische Vollstreckung, aber bei Wiedereinreise kann es teuer werden

14. Bußgeldbescheid und Rechtsschutzversicherung

Eine Verkehrsrechtsschutzversicherung kann helfen, Kostenrisiken zu vermeiden. Sie übernimmt in der Regel:

  • Anwaltskosten
  • Gerichtskosten
  • Kosten für Gutachten oder Zeugen

Wichtig: Der Versicherungsfall tritt meist mit dem Vorwurf der Ordnungswidrigkeit ein, nicht erst mit Zustellung des Bescheids.


15. Schritt-für-Schritt-Anleitung: Was tun bei einem Bußgeldbescheid?

  1. Bescheid prüfen: Ist er formal korrekt? Stimmen Tatzeit, Ort, Fahrzeugkennzeichen?
  2. Fristen notieren: 14 Tage ab Zustellung für den Einspruch.
  3. Beweise sichern: Fotos, Zeugen, Dashcam-Aufnahmen.
  4. Anwalt kontaktieren: Bei drohendem Fahrverbot oder Zweifeln an der Messung.
  5. Einspruch einlegen: Schriftlich und fristgerecht.
  6. Behördenentscheidung abwarten: ggf. gerichtliche Klärung.
  7. Buße bezahlen: Wenn der Bescheid rechtskräftig wird.

16. Häufige Fragen (FAQ)

Wann kommt der Bußgeldbescheid nach der Tat?
In der Regel innerhalb von 2 bis 3 Monaten – danach kann Verjährung eintreten.

Kann ich den Einspruch zurückziehen?
Ja, bis zur gerichtlichen Entscheidung jederzeit möglich.

Was passiert, wenn ich im Ausland wohne?
Die Zustellung erfolgt ggf. über Amtshilfe. Auch im Ausland wohnhafte Fahrzeughalter können belangt werden.

Kann jemand anderes den Einspruch einlegen?
Nur der Betroffene selbst oder ein bevollmächtigter Anwalt.

Was ist, wenn ich das Auto nur geliehen habe?
Dann sollte der tatsächliche Fahrer im Anhörungsbogen angegeben werden – sonst droht eine Fahrtenbuchauflage.

Ein Bußgeldbescheid ist kein Grund zur Panik – aber auch kein Schreiben, das man ignorieren sollte. Wer seine Rechte kennt, kann Fehler vermeiden, unnötige Zahlungen abwenden und in manchen Fällen sogar ein Fahrverbot verhindern.

Wichtig ist, schnell zu handeln, Fristen einzuhalten und im Zweifel juristische Hilfe in Anspruch zu nehmen. So bleibt der Ärger mit dem Bußgeldbescheid zwar lästig, aber beherrschbar.